vom 11. Jhd bis heute
PLITTERSHAGEN
Ein in der unmittelbaren Umgebung gefundenes Steinbeil kann sicher nicht als Beweis einer jungsteinzeitlichen Besiedlung angesehen werden, dennoch gehört das Dorf zweifellos zu den ältesten Siedlungen im Altkreis Siegen. Es wird bereits im 11. Jahrhundert erstmalig urkundlich erwähnt.
In den Urbaren, den Güterverzeichnissen der Reichsabtei Werden an der Ruhr, heißt es im Heberegister des Fronhofes Schöpplenberg im Sauerland: „de Blitheriashagon II oves“, das heißt auf Deutsch: von Plittershagen 2 Schafe.
Ausschnitt aus dem Werdener Urbar
Bei diesem Dokument handelt es sich um eine etwa 1150 entstandene Handschrift, die nach einer Vorlage des 11. Jahrhunderts abgeschrieben wurde.
Plittershagen wird zusammen mit einigen anderen Orten seiner weiteren Umgebung genannt:
Camponsteina (Kappenstein), Salubeki (Solbach), Fresenhagon (Friesenhagen), Odincthorpa (vermutlich Hof Odendorf, Vorläufer von Hohenhain ), sowie Rufritishagon (wahrscheinlich Römershagen). Von allen diesen Orten mussten im 11. Jahrhundert Schafe an den südlich von Hagen gelegenen Fronhof Schöpplenberg abgegeben werden.
Warum Plittershagen und die anderen erwähnten Höfe an die Abtei Werden abgabepflichtig waren, ist nicht eindeutig geklärt. Die nicht weit von Plittershagen ansässige Adelsfamilie der Wildenburger besaß bedeutende Verbindungen zum Kloster Werden. Es wird vermutet, dass sie als Vögte den Besitz der Abtei Werden in unserer Region verwalteten. Im 13. und 14. Jahrhundert hatten zwei Angehörige dieser Adelsfamilie das Amt des Abtes von Werden inne.
Eine zweite Quelle aus dem 11. Jahrhundert liefert einen weiteren Hinweis auf Plittershagen. Im Mai des Jahres 1048 wird in Haiger eine neue Kirche geweiht. Aus diesem Anlass bestätigt der Erzbischof von Mainz den Amtsbezirk dieser Kirche, wie ihn bereits König Konrad I. im Jahre 914 der Kirche zu Weilburg übergeben hatte. Im lateinischen Text der Urkunde heißt es unter anderem:
„..., von dort zum Hellweg, diesen ganz entlang bis Crucilohc, von dort über Sprengelohc zum Bliggeresbahc, den Bliggeresbahcabwärts bis zum Gebückbaum, von dort gemäß dem Bifang von Freusburg bis Bennenloch, ...“
Dies ist nur ein kleiner Ausschnitt der umfangreichen Grenzbeschreibung, in der viele Ortsbezeichnungen vorkommen, deren Bedeutung teilweise bis heute noch nicht geklärt ist. Sowohl die Namensform als auch die Lage des Baches lassen darauf schließen, dass es sich bei dem „Bliggeresbahc“ um den Plittershagener Bach handeln muss, dessen Lauf die Grenze des Kirchenbezirks ein Stück weit folgt.
Wenn nun im Jahre 1048 der Bach einen Namen hatte, so kann man davon ausgehen, dass das dazugehörige Tal besiedelt war.
Ausschnitt aus der Urkunde von 1048
Auf der Grundlage der beiden beschriebenen Quellen feierte Plittershagen im Jahre 1998 sein 950-jähriges und 2023 sein 975-jähriges Dorfjubiläum.
Für das Mittelalter gibt es nur wenige weitere Quellenbelege. In einem Kaufvertrag von 1342, der auf dem Hof zu Dirlenbach verhandelt wurde, werden als Zeugen „Johan“ und „Gobele“ von „Blittershain“ genannt.
In einer Hatzfeldt – Wildenburger Urkunde vom 17. September 1391 erscheinen als Zeugen Heinrich von „Blitirßhan“ und sein Vetter Cuntze.
Ab dem 15. Jahrhundert werden die Quellen etwas zahlreicher. So erwähnt das landesherrschaftliche Verzeichnis der Renteinkünfte zu Freudenberg für die Jahre 1423 – 1439 als Einnahmen aus „Blyttershan“ drei Malter Korn und drei Pfund Wachs. Dabei handelt es sich wohl um die Einkünfte aus dem herrschaftlichen Hof zu Plittershagen.
Laut nassauischem Höfe-Verzeichnis von 1562 besteht dieser Hof aus sieben Feldern, einem Garten, vier Wiesen und einem Wald. Im Jahre 1574 ist er an Hermann Gilbert und Jacob verpachtet.
Die Türkensteuerliste von 1541 nennt für Plittershagen 10 Haushalte. Vier der Steuerpflichtigen bewohnen den herrschaftlichen Hof. Dieser Hof könnte die Häuser der so genannten „langen Reihe“ umfasst haben, heute Plittershagener Straße 109 – 113.
Im Tal des Hasenborn befand sich im Mittelalter ein Schmelzofen zur Eisenproduktion. 1496 wird eine gräfliche Eisenhütte in Plittershagen erwähnt, deren Betrieb 1555 eingestellt wurde.
Im 18. Jahrhundert erhält der Landesherr Wasserzins vom „stalhammer ufm Hütteplatz,vom Sensenhammer ufm Hütteplatz, vom Schleifstein bonder m.g. hern mohl, vom Schleifstein in der schleiffwiesen.“
Im Jahre 1597 wird Plittershagen zur Evangelische Kirchengemeinde Freudenberg umgepfarrt. Bis dahin gehörte das Dorf zur Kirchengemeinde Oberfischbach.
Um die Mitte des 17. Jahrhunderts sind auch einige Plittershagener in die Wildenburger Hexenprozesse verwickelt. Die Todesurteile, die 1653 in Hilchenbach über sieben Einwohner des Dorfes wegen Abgötterei und Zauberei gefällt werden, stehen wahrscheinlich mit den Vorgängen in Wildenburg in Zusammenhang.
Im 18. Jahrhundert zieht es Plittershagener in die Neue Welt. Unter den 51 Personen, die 1738 aus dem Kirchspiel Freudenberg nach Amerika auswandern, sind auch Johannes Halm und seine Frau Anna Cathrin mit zwei Kindern aus Plittershagen. 1753 erreicht Johann Georg Stahlschmidt mit seiner Frau, seiner Schwester und deren Mann Pennsylvania. Im selben Jahr wird Johann Georgs Neffe Johann Peter Stahlschmidt in Plittershagen geboren. Er wird Uhrmachermeister und baut eine Reihe kunstvoller Standuhren, von denen einige noch heute erhalten sind.
Schule und Lehrerhaus in den fünfziger Jahren
Nach einem Foto gezeichnet von E. Vollmer
Im Jahre 1749 beantragen die Einwohner Plittershagens die Einrichtung einer Winterschule. Schulhaus wird ein 1744 von der Gemeinde Plittershagen erworbenes kleines Wohnhaus, das zum Kirchenlehen gehörte. Im Jahre 1859 wird das Gebäude durch einen Anbau erweitert. Die steigende Schülerzahl machte schließlich 1898 einen Neubau notwendig, der oberhalb des alten Schulhauses errichtet wurde. In einem Anbau erhielt die Evangelische Volksschule Plittershagen 1952 einen zweiten Klassenraum. Heute wird die so genannte „Alte Schule“ als Dorfgemeinschaftshaus genutzt, im Anbau ist die Freiwillige Feuerwehr untergebracht.
Um die Mitte des 19. Jahrhunderts entsteht die Evangelische Gemeinschaft, die 1877/78 in der Dorfmitte ein Vereinshaus baut. Weitere Gruppen wie CVJM und Posaunenchor entstehen in den folgenden Jahrzehnten.
In den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts bekommen die Plittershagener elektrisches Licht und es wird eine Wasserleitung gebaut.
1925 gründen die Plittershagener eine Freiwillige Feuerwehr.
Ein Denkmal für die Kriegsgefallenen der Gemeinde wird im Jahre 1930 eingeweiht.
Nach dem Zweiten Weltkrieg, dem 28 Plittershagener zum Opfer fallen, wächst die Bevölkerung des Dorfes durch den Zuzug zahlreicher Flüchtlinge. Einige davon finden auf der „Alten Heide“ ein neues Zuhause, wo 1954 eine „Nebenerwerbssiedlung“ für Flüchtlinge entsteht.
Der 1949 gegründete Fußballverein „SV Plittershagen“ wird bereits nach drei Jahren Kreismeister. Ihren im Wald auf „der Haardt“ gelegenen Sportplatz bauten die Fußballer in Eigenarbeit.
Nahezu alle Plittershagener sind Mitte der fünfziger Jahre beim Bau des Badeweihers in den Wiesen „Hinterm Hammer“ dabei, der im Hand- und Spanndienst gebaut wird.
Ein Neubaugebiet wird Ende der sechziger Jahre „Am Hofacker“ erschlossen.
Die 1969 fertig gestellte Friedhofshalle auf dem seit 1862 zum Ort gehörenden Friedhof ist schließlich das letzte von der selbstständigen Gemeinde Plittershagen errichtete Bauwerk.
1979 gründen Bürger aus Plittershagen und Alte Heide einen Heimat- und Verschönerungsverein. Neben der Verschönerung des Dorfes und der Pflege der Dorfgemeinschaft setzt sich der Verein besonders für Natur- und Umweltschutz ein und verwaltet das Dorfgemeinschaftshaus „Alte Schule“.
Im Jahr 2000 wird das Neubaugebiet „Am Hofacker“ erweitert.
Literatur
Arbeitsgemeinschaft der Plittershagener Vereine, 950 Jahre Plittershagen, Plittershagen 1998
Böttger, Hermann, Siedlungsgeschichte des Siegerlandes, Siegen 1951
Dönges, C., Festschrift zur Tausendjahr-Feier der Stadt Haiger, Dillenburg 1914
Gensicke, Hellmuth, Landesgeschichte des Westerwaldes, Wiesbaden 1959
Güthling, Wilhelm, Die Anfänge der Überlieferung im Raum Freudenberg,
in: Freudenberg in Vergangenheit und Gegenwart, Freudenberg 1956
Kötzschke, Rudolf, Die Urbare der Abtei Werden an der Ruhr, Bonn 1906
Rinscheid, Josef, Der Hexenwahn im Wildenburger Lande, Olpe o.J.
Quellen:
Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, Werden, Akten II a 1 Bl. 30
Niedersächsische Landesbibliothek, Handschriftenabteilung, Ms XVIII, 1020, Bl. 42r – Bl. 43r
Plittershagener Schulchronik, Band 1 und 2